Liebe NZZ am Sonntag, wir müssen reden

Liebe NZZaS

Als ich sah, dass ihr nach 15 Jahren doch noch den Schritt ins gloriose Interwebz gewagt habt, hat das in mir gemischte Gefühle ausgelöst. Ein bisschen wie damals, als sich meine Mom ein iPhone kaufte. Ich wusste: das wird anstrengend. 

Und weil ihr nicht lange rumfackelt, habt ihr den ersten Bock schon an Tag eins geschossen: 

(Das ist ein Handybild)

Womöglich habt ihr euch dabei gar nicht viel Böses gedacht. Vielleicht wars ein Versuch an Selbstironie. Weil die Zürizeitung ja gemeinhin als etwas verstaubt gilt. Wie gesagt, ihr seid neu hier. Und ich habe grundsätzlich grossen Respekt vor eurer journalistischen Arbeit. Drum will ich grosszügig sein. Also: Let me be your guide. 

Lektion 1: Solche Bilder landen im Internet

Was für euch noch #Neuland ist, ist unser Zuhause. Mit uns meine ich ganze Heerscharen von jungen und «aufmüpfigen» (wie ihr uns bezeichnen würdet) Frauen, die wissen, wie ein Shitstorm funktioniert. Kurz: 

(Das ist ein Meme)

Lektion 2: Googlet mal den Begriff «Mansplaining»

Hier: http://letmegooglethat.com/?q=mansplaining

Eure Illustration ist weder witzig, noch besonders originell, sondern in erster Linie problematisch. Die Frau wird mit ihrem «LOL»-Shirt, der nackten Haut und der kindlichen Frisur als bildungsfern dargestellt. Der ältere Mann mit seinem Mantel, der Brille und der Lektüre unter dem Arm als intellektuell. Die Sprechblasen dazu hättet ihr euch sparen können, denn die Bildsprache ist deutlich genug: alter, kluger Mann erklärt junger, dummer Frau die Welt.

(Das ist ein Gif via GIPHY)

Lektion 3: Willkommen im 2017

Vor nicht einmal 24 Stunden gingen über 10 000 Menschen ein paar hundert Meter von euren Büros entfernt auf die Strasse, um gegen die systematische Unterdrückung der Frau in der Gesellschaft zu demonstrieren. Medien sind ein grosser Teil dieses Problems. Dass ihr einen Tag später ein solch patronisierendes Bild auf eure Front packt, ist unfassbar. In Internetsprache würe man jetzt sagen: Could you honestly not?!

Die Zeiten haben sich geändert. Feminism is back by popular demand. Und auch die Gesellschaft wird sich ändern. Es liegt an euch, ob ihr dieser Entwicklung folgt, oder ob die alte Tante zurückbleibt. ¯\_(ツ)_/¯

xoxo, die Zukunft <3

(Das ist ein Mic Drop)

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25 Kommentare

    1. Ach, Fredi, Fredi, Fredi. Da verwechselst du leider ihren Sinn für Humor mit deinem eigenen. Wenn ebensolcher beim Lesen dieses Blogeintrags die kleinen, feinen Momente des leisen Hochziehens eines einzelnen Mundwickels verpasst hat, ist er vermutlich zu hart (haha, pun!) auf MRA eingestellt. Ja, das kannst du googeln.
      Ansonsten wünsche ich dir alles Gute da im 1950, wo du lebst, und hoffe, dass dir jemand eines Tages einen Dictionnaire schenkt, aus dem der Unterschied zwischen den Begriffen „Verschwörungstheorie“ und „objektive Realität“ klar hervorgeht. Ademässi!

      1. Geht’s nicht noch etwas überheblicher, Sabrina?

        Wer auf einen kritischen Satz zum Artikel eine überhebliche, herablassende Tirade auf einen angeblich hängengeblieben alten Mann aus dem Jahr 1950 ablässt, braucht sich nicht wundern, wenn selten eine brauchbare Diskussionskultur gefunden wird.

  1. Liebe Anne-Sophie
    Wie recht du hast! Aber: Bitte tappe nicht mehr in die Falle der NZZ, die Frauen nach dem Motto „teile und herrsche“ zwischen j6ng und alt zu spalten. Deine Mom und ich sind zwar nicht digital Natives, aber digital Creators – Hidden Figures kennst du sicher. Wir kämpften dafür programmieren zu lernen, ich kaufte das erste Iphone als mein Sohn gerade den ersten Lehrlingslohn erhielt, arbeitete mit dem ersten Desk Top Publishing, kreierte meine Homepage und schreibe Dir das auf Android – und das, wofür am Samstag demonstriert wurde haben schon meine Mutter und Grossmutter erkämpft. Also lasst uns gemeinsam solche sexistischen NZZ-Bildchen bekämpfen und dieses Blatt mit einem passenderen Ausdruck bekämpfen als „alte Tante“, was unverheiratete Frauen diskriminiert. Ich freue much auf viele weitere kluge Texte von dir – mit vielen anderen Frauen, alte und junge!

    1. Guter Input! Meine Mom schlägt sich übrigens hervorragend 😉 Die «alte Tante» habe ich verwendet weil das eine gängige Bezeichung für die (!) NZZ ist. Hiesse sie beispielsweise «Der Zürcher Reporter», wärs wohl der «alte Onkel» geworden.

  2. Danke, liebe Barbara

    Mir hat die Einschränkung „jung“ auch nicht gefallen, genauso wenig wie das „Frauen“ das folgt…sie bedient ähnliche Klischees wie die NZZ-Illustration. Ich würde mich als Mittvierziegerin nun wirklich nicht mehr als jung bezeichnen, aber habe einen Twitter-, Instagram- und Snapchat-Account und weiss, was Shitstorm, GIF, Meme etc. bedeuten. Ob jemand sich im digitalen Abenteuerland auskennt oder zumindest offen dafür ist, ist weder eine Frage des Geschlechts oder des Alters, sondern vielmehr des Charakters und der Einstellung.

    Nichtsdestotrotz fand ich Deinen Kommentar sehr amüsant, liebe Anne-Sophie….you go, girl!

    1. Danke für den Kommentar! Klar, auch die Frauen älterer Generationen haben online mächtig was zu sagen. In meinem Umfeld wäre das beispielsweise die grossartige Christine Loriol. Aber ich spreche nunmal aus der Perspektive meiner Kohorte.

  3. „Alter, kluger Mann erklärt junger dummer Frau die Welt“…

    Junge, aufgeschlossene, selbstbewusste, alte Traditionen ablegende Frau erklärt antiquiertem, konservativem, an Traditionen festhaltendem, mit der Technik nicht vertrautem Mann die Welt.

    Das Auge sieht, was es sehen will.

  4. Zwei Gedankenspiele:
    Numero uno: Was, wenn in dieser Bildgeschichte das LoL-Mädchen ein Nerdjunge wäre? Könnte man dies auch in Verbindung setzen mit der Demo ein paar hundert Meter neben dem Wohnzimmer der alten Tante? Gerade deshalb, weil das eine Geschlecht abwesend ist?
    Numero due: Was, wenn jedes Wort hier in der virtuellen Welt Geld kosten würde? Wäre dann abermals jeder und jede bemüht, aus Nichts so Tragisches zu machen?

    Nur, weil es möglich wäre, sollte man nicht hinter jedem Komma gleich Bösartigkeit und Kabale vermuten.

  5. Liebe Anne-Sophie,
    Ich bin 27 und studiere Informatik im 8. Semester an der ETH. Beinahe täglich sehe ich mich mit Vorurteilen konfontiert, bezüglich meiner Fähigkeiten.
    Naja, das ist scheisse und gehört geändert. Genauso wie Lohnungleichheit und Sexismus.
    Nun kann man das Ganze aber auch ad absurdum führen und aus jeder Mücke einen Elefanten machen. Und genau das tust du meines Erachtens hier. Wäre die Situation umgekehrt und es wäre eine ältere Frau mit einem Teenager Jungen abgebildet würde, weder du noch der Rest der Welt, sich aufregen.
    Im Prinzip könnte man auch sagen, es könnte mir egal sein, denn jeder Beitrag in diese Richtung ist gut für uns Frauen. Dem ist aber nicht so, solche Beiträge führen dazu, dass Männer und ja selbst Frauen die Bewegung nicht mehr ernst nehmen, respektive nicht mehr ernst nehmen können.
    Deshalb sollten wir mir Qualitäten glänzen und nicht versuchen uns unsere Anerkennung und den Respekt zu erflennen. (Diese Kinder die das taten, kamen schon auf dem Pausenhof unter die Räder)
    Liebe Grüsse
    Anna

  6. Verstehe das Problem nicht. Es geht hier nicht um Mann/Frau, sondern um einen Generationenkonflikt. Ein junger tätowierter Mann und eine ältere spießige Frau mit Brille würden in diesen Cartoon genauso reinpassen.

  7. „denn die Bildsprache ist deutlich genug: alter, kluger Mann erklärt junger, dummer Frau die Welt.“ – eine sehr phantasielose Deutung dieser Karikatur. Hier geht es klarerweise um die Stereotype/Vorwürfe, dass sich junge Menschen sich zu wenig mit den aktuellen Nachrichten und alte Menschen sich zu wenig mit den technologischen Neuerungen unserer Zeit befassen.

    „Drum will ich grosszügig sein. Also: Let me be your guide.“ – Was für eine arrogante Haltung. Junge, kluge Journalistin erklärt alten, dummen NZZ-Journalisten das Internet. Du nimmst also an, dass sich niemand von den NZZ-Journalisten sich jemals mit dem #Neuland, deinem Zuhause, auseinandergesetzt hat.

    „Die Frau wird mit ihrem «LOL»-Shirt, der nackten Haut und der kindlichen Frisur als bildungsfern dargestellt.“ – Vom Aussehen einer Person auf dessen Bildung zu schließen ist meiner Meinung nach nicht in Ordnung. Der Autor wollte wahrscheinlich mit dem Aussehen und der Haltung der Jugendlichen weitere Vorwürfe in die Karikatur packen. Nämlich den Vorwurf der schlechten Haltung und den der unpassenden Bekleidung (im Bild ist es wsl. Herbst) von Jugendlichen, natürlich aus der Sicht von älteren Personen/Eltern. Außerdem sind beim älteren Mann auch ein paar Stereotype hineingepackt.

    „Eure Illustration ist weder witzig, noch besonders originell“ – Ein weiterer Beweis deiner Phantasielosigkeit gegenüber dieser Karikatur. Sie ist aus meiner Sicht sehr wohl originell, da mehrere Stereotypen in ein Bild hineingepackt sind und sie zum Thema passt. Außerdem würde ich von einer Karikatur nicht erwarten witzig zu sein, sondern eher dass sie ein kleines Schmunzeln erzeugt, wenn man sich genauer mit dieser befasst.

    tl;dr Konter der Argumente aus dem Beitrag
    Also reg dich nicht wegen solcher wsl. gut-gemeinten Dinge auf.

  8. Erstens: „Euch“ und „Ihr“ schreibt man, in der höflichen Form, gross.
    Zweitens: So wie ich die Karikatur verstanden habe, ging es weder um Mainsplaining noch um dumme Frauen, sondern um die 20-Minuten und Blick-am-Abend-Kultur, wo ein schierer Overkill an nichtaufbereiteter Information vorliegt, aber kein Hintergrundwissen vermittelt wird.
    Insofern hat Frau Keller die Karikatur meiner Meinung nach in keiner Weise verstanden.
    Aber der Blog hier passt gut in eine empörungsgetriebene Hysteriekultur, wo jeden Tag eine neue Sau durch’s Dorf getrieben wird.

  9. Sehr geehrte Frau Keller, \
    Ich finde den Kommentar interessant, aber leider nicht ganz auf dem Punkt gebracht. Ich kenne sehr gut die Arbeit von Chappatte, der genfer (aus Libanon) Karikaturist. Er ist in der Westschweiz (wo ich herkomme; deshalb mein schlechtes Deutsch) bekannt fuer seine Karikature im Bereich Menschenrechte und comic-reportage. Bevor man eine seriöse Bild Analyse zu machen beginnt, sollte man schon der Kontext, und die Arbeit des Künstlers ein bisschen kennen um dann die Richtige Schlüsse zu ziehen, und nicht diejenigen die von auf dem rein feminismus fokusierte Lektüre zu geben. Karikatur bedient sich mit Klischee, um diese im besten Fall zu dekonstruieren. Genau das macht Chappatte hier auf sehr brilliante Art und Weise. Eine Jungentliche (egal ob Frau oder Junge; spielt es hier wirklich eine Rolle?), digital nativ, wird vom Altem Mann als ungebildet wahrgenommen, der alte Mann als altmodisch und sturr. Durch der NZZ entdeckt er das Internet; sie die Zeitung. Diese Zeichnung stellt die Frage der Rezeption der Information durch die mediale Formate. Viel mehr als eine Geschlechter Frage, macht sich die Zeichnung über den Generationen Wandel lustig, und zeigt, idealistischerweise, wie diese Debatte eigentlich ein Klischee ist; beide lesen schlussendlich das gleiche…

  10. Ich finde die Diskussion rund um die Rolle des Mannes und der Frau gut, aber verliert sie nicht an Gewicht, wenn wir sie in jedem Comic versuchen heraufzubeschwören. Kriegen wir so wirklich eine Gleichberechtigung in der Arbeitswelt, im Lohn, in der freien Auslebung des Lebensstils hin. Sollten wir nicht wieder mehr miteinander, statt gegeneinander diskutieren?

  11. Die junge Frau hat wohl eher das Klischee der unpolitischen Jugend bedienen sollen und kaum die ungebildete Hausfrau aus den 50ern. Ich denke die Aufregung ist dem Generalverdacht geschuldet. Wenn man andauernd darauf bedacht ist, Sexismus zu erkennen, erkennt man ihn möglicherweise auch, wenn es sich gar nicht um ihn handelt.

    Die NZZ hätte wahrscheinlich zehn solcher Karikaturen mit einem männlichen Jugendlichen machen können und die Aufregung wäre bei der elften mit weiblichem Pendant genau gleich gross.

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